Overthinking stoppen:
10 Strategien gegen Grübelei
Viele von uns kennen das zermürbende Gefühl, wenn sich die eigenen Gedanken immer wieder im Kreis drehen. Am liebsten würden wir diese wegdrücken, doch innerhalb kürzester Zeit tauchen sie wieder auf. In diesem Artikel erfährst du, was „Overthinking“ ist, wie es sich auf unser Leben auswirkt, und wie es dir gelingt, aus dem negativen Gedankenkarussell auszusteigen.
Wenn die Gedanken außer Kontrolle geraten
Nachdenken ist per se nichts Schlechtes. Es hilft uns rationale Entscheidungen zu treffen, Lösungen umzusetzen, und dient unserer persönlichen Weiterentwicklung. Wenn wir jedoch unentwegt im Grübeln verharren, sodass wir uns nicht mehr auf andere Dinge im Leben konzentrieren können, es unsere Stimmung beeinträchtigt oder an unserem Selbstwert zehrt, macht es Sinn, etwas dagegen zu unternehmen.
Kopfkino ohne Lösung
Das Phänomen „Overthinking“ beschreibt einen
Zustand übermäßigen Nachdenkens,
indem wir uns immer wieder in denselben Szenarien verlieren, ohne zu einem Abschluss, einer Entscheidung oder einer Lösung zu finden. Das eigene Denken ist nicht konstruktiv, sondern vorwiegend auf Probleme und Situationen gerichtet, auf die wir keinen Einfluss (mehr) haben.
Overthinker bekommen ihre negative Denkweise und ihre teils
selbstsabotierenden Mechanismen
nicht selten mit Aussagen wie
„Nimm nicht alles so persönlich“, oder
„Mach dir doch nicht immer so einen Kopf“, von ihrem Umfeld gespiegelt.
Da es sich bei übermäßigem Grübeln jedoch auch um
Schutzstrategien
handelt, um negative Gefühle (wie z. Bsp. Angst vor Ablehnung) zu vermeiden, können Betroffene „nicht einfach so“ aufhören zu grübeln. Indem alles genau durchdacht und analysiert wird, wollen sie sich unbewusst Kontrolle und Sicherheit verschaffen, um bestimmte Gefühle nicht fühlen zu müssen.
Arten von Overthinking
Bei Overthinking sind die eigenen Gedanken nur selten in der Gegenwart, sondern in der Vergangenheit, der Zukunft, oder in der Abwertung gegen sich selbst. Je nachdem wo, oder wie wir gedanklich festhängen, ergibt sich folgende Einteilung:
Ruminieren („Wiederkäuen“):
Vergangene Situationen
werden mehrfach wachgerüttelt. Man grübelt über Dinge, die schiefgelaufen sind, oder analysiert vermeintliche Anzeichen einer Ablehnung. Der Fokus des Denkens ist mehr bei den eigenen Schwächen, und zum Teil selbst abwertend.
Diesem Denken liegt oft ein
niedriger Selbstwert, und das
Bedürfnis nach Harmonie
zugrunde. Häufig betroffen sind empathische und hochsensible Menschen, die ihr Gegenüber viel intensiver als Andere wahrnehmen, und sich aus Angst vor Konflikten oder Ablehnung anpassen.
Häufige Aussagen:
- „Was hat xy bloß von mir gedacht"
- „Hätte ich es doch anders gemacht"
- „Warum passiert das ausgerechnet immer mir"
- „Ich bin einfach zu blöd dazu, Andere machen es viel besser"
- „Ich denke, mein Chef mag mich einfach nicht"
Sich sorgen:
Betroffene beschäftigen sich mit Ereignissen und Situationen, die in der
Zukunft
liegen. Sie denken über Dinge nach, die vermeintlich schief gehen oder passieren könnten, und malen sich sog.
„Worst-Case“- Szenarien
aus. Sie sehen meist das halbleere, und nicht das halbvolle Glas.
Dieses Denken wird genährt durch
mangelndes Vertrauen in sich selbst und das Leben, und ist oft mit Ängsten verbunden. Der dahintersteckende Wunsch, sich durch das viele Denken Kontrolle und Sicherheit im Leben zu verschaffen ist eine Utopie, und gelingt nur bedingt.
Denn all unser Leben spielt oft anders als geplant, und wahre Sicherheit können wir niemals im Außen, sondern nur in uns selbst finden. Erst wenn wir lernen, uns dem Fluss des Lebens anzuvertrauen, und unser Selbstvertrauen stärken, werden wir jegliche Herausforderungen des Lebens meistern können.
Häufige Aussagen:
- „Ich werde mich sicher blamieren"
- „Hinter den Symptomen steckt bestimmt eine ernste Erkrankung"
- „Das werde ich wieder mal nicht hinkriegen"
- „Das wird sich nie bessern, und wohl immer so bleiben"
- „Ich weiß jetzt schon, dass es nicht gut gehen wird"
Auswirkungen von Overthinking
Die Folgen von Overthinking können sich in den unterschiedlichsten Bereichen zeigen. Das ständige Denken kann zu
geistiger Erschöpfung bis hin zu
Schlafstörungen, einem
Burnout und Depressionen führen. Außerdem begünstigt das problembehaftete Denken die Entstehung von Stress und Angstgefühlen.
Bei ständigem Fokus auf die eigenen Schwächen werden
Selbstzweifel genährt, was einen niedrigen Selbstwert zur Folge hat. Die Gedanken, bei Entscheidungen niemals die richtigen Lösungen zu finden, kann einen Sog der Ohnmacht und Hilflosigkeit auslösen.
Overthinking kann sich ebenso
auf unsere Beziehungen auswirken. Übermäßiges Analysieren kann zu Fehlinterpretationen und Missverständnissen führen. Overthinker tendieren häufig dazu, Konflikten aus dem Weg zu gehen, was zur Folge haben kann, dass sie Ihre eigenen Bedürfnisse Anderen zuliebe hinten anstellen.
Strategien um aus der Grübelei auszusteigen
Es gibt verschiedene Techniken und Ansätze, die dir aus dem Grübeln helfen, und eine positive Grundhaltung und Sicht auf dich selbst fördern. Folgende 10 Strategien können dich dabei unterstützen:
1. Die „Stopp“ -Technik
Meistens ist es uns nicht bewusst, wann sich unser negatives Gedankenkarussell in Gang setzt. Wir bemerken es in der Regel erst, wenn es schon richtig Fahrt aufgenommen hat, und stecken plötzlich wieder im eigenen Kopfkino fest. Die „Stopp“ -Technik ist eine
erste Hilfe Maßnahme, um dem Gehirn klar zu signalisieren, dass es so nicht weitergehen soll. Sie erfordert ein wenig Übung, je öfters du sie aber anwendest, umso leichter kannst du deine Gedanken mit lenken.
So funktionierts:
Wann immer du das Gefühl hast, in einem negativen Gedankensog festzustecken, kannst du dir entweder laut oder mental das Wort
„Stopp“ sagen.
Auch wenn es anfangs etwas komisch scheint, für unser Gehirn ist dies ein sehr deutliches Signal, um den Gedankenfluss zu unterbrechen.
Diesen „Break“ kannst du verstärken, indem du dir noch ein
akustisches Signal
vorstellst, und zusätzlich eine
Bewegung
durchführst. Du kannst zum Beispiel eine Hand heben, oder ganz effektiv: wechsle ein Schmuckstück von einer auf die andere Körperseite. Wenn du keinen Schmuck trägst, funktioniert es auch mit einem Haargummi, den du für eine Zeit lang um dein Handgelenk trägst.
2. Achtsamkeit
Es gibt verschiedene Achtsamkeitsübungen, die dir dabei helfen, den Blick wieder auf das Hier und Jetzt zu lenken, und verhindern, dass du zu viel in die Vergangenheit oder in die Zukunft abdriftest. Beim achtsamen Gedanken beobachten trainierst du, dir eine
Distanz zu den eigenen Gedanken, und den damit verbundenen Emotionen
zu verschaffen.
Dies gelingt dir, indem du deine
Gedanken wie Wolken, die am Himmel vorbeiziehen
beobachtest. Ohne diese zu analysieren oder festzuhalten, sondern diese wertfrei ziehen lässt. Damit schaffst du eine Distanz, und übst dich gleichzeitig in Akzeptanz. Du lernst, die eigenen Gedanken nur als vorübergehende Erscheinung deines Geistes zu betrachten.
Diese Übung hilft dir außerdem, dich von den damit verbundenen Emotionen nicht überwältigen zu lassen. Wenn du erkennst, dass nicht nur Gedanken, sondern auch all deine Gefühle immer ein vorübergehendes Konstrukt sind, kannst du lernen, auch
emotional stabiler
zu bleiben.
3. Bestandsaufnahme
Wir können nur Dinge verändern, die uns auch bewusst sind. Ein
Grübel Tagebuch
kann dir helfen, eigene Gedanken besser kennenzulernen, und herauszufinden, was dein Gedankenkarussell immer wieder ins Laufen bringt oder aufrecht hält. Zudem kann es befreiend wirken, die eigenen Gedanken einmal vom Kopf aufs Papier zu bringen.
Folgende Fragen können dich dabei unterstützen:
- Was sind immer wiederkehrende Situationen, in denen du vermehrt grübelst?
- Worüber grübelst du inhaltlich? Über das Verhalten deiner Mitmenschen, über dich und deine Fehler, über Konflikte oder Enttäuschungen?
- Zu welchen Zeiten grübelst du vermehrt? Tagsüber oder eher nachts, unter der Woche oder am Wochenende, im Urlaub, oder zu bestimmten Anlässen wie z. Bsp. zum Jahreswechsel oder an Geburtstagen?
4. Grübelzeiten einrichten
Dazu kannst du dir ein 15-20 minütiges Zeitfenster einrichten, indem du dich mit deinen Sorgen auseinandersetzt. Wenn du dich außerhalb dieser Zeit beim Grübeln ertappst, kannst du die Stopp-Technik anwenden, und dir zusätzlich sagen: „Jetzt ist nicht der passende Zeitpunkt, ich beschäftige mich später damit.“ So unterdrückst du deine Gedanken nicht, bekommst aber immer mehr die Oberhand, und lernst, deine Gedanken selbst mit zu lenken.
5. Gib deinem „inneren Kritiker“ einen Namen
Indem du deinen Gedanken, die dich immer wieder hinunterziehen einen Namen gibst, verschaffst du dir
anhand einer humorvollen Haltung Abstand
dazu. Immer wenn du vor allem selbstkritische Gedanken hast, kannst du diese spielerisch mit Sätzen wie in etwa diesen begrüßen:
- „Ach schau an, da ist ja wieder mein Herr Oberlehrer. Was will er mir denn heute alles erzählen ?“
- „Guten Morgen Herr Schwarzmaler. Was haben wir denn wieder für eine Einstellung?“
- „Oh, Fr. Meckerziege ist auch noch da. Was hat sie denn zu motzen?“
Pro Tipp:
Lass uns deine Selbstzweifel gemeinsam angehen!
Wenn du nicht länger allein mit deinen Gedanken auf der Anklagebank sitzen möchtest, und es dir vor allem schwerfällt, einen freundlicheren inneren Dialog mit dir selbst zu führen, dann schau dir gern mein
„Zeit für gute Gedanken-Training“
an.
Dort nehmen wir deine Urteile und Bewertungen genauer unter die Lupe, decken Denkfallen auf, und wandeln deine Selbstzweifel so um, dass sie dich nicht mehr hinunterziehen.
6. Loslassen von Urteilen und Bewertungen
Nur weil wir etwas denken, entspricht es lange nicht der Wahrheit!
Wir tendieren dazu, mit unseren Gedanken regelrecht zu verschmelzen, und erleben diese dann als Wirklichkeit. Wir denken zum Beispiel, dass wir „zu blöd“ sind, und fühlen uns als Versager. Oder wir haben die die Überzeugung, dass wir, so wie wir sind „nicht richtig“ sind, und fühlen uns mitunter nicht geliebt oder nicht verstanden.
Dabei sind Gedanken nichts anderes als
eigene Bewertungen, oder Urteile, die selten die wahren Tatsachen
spiegeln.
Alles, was dich immer wieder blockiert oder abwertet, solltest du beginnen auszumisten, indem du dich er darin übst, eine
Distanz zu diesen Bewertungen
und Urteilen aufzubauen.
Das kannst du durch das Vorschieben folgender Sätze machen:
Statt zu denken „Ich bin zu blöd“,
könntest du dir sagen:
„Ich erzähle mir die Geschichte, dass ich zu blöd bin“, oder
„Ich habe den Gedanken, dass ich zu blöd bin“
Oder auch „Ich nehme wahr, dass ich den Gedanken habe, dass ich zu blöd
bin.“
Indem du beginnst, Gedanken als Gedanken zu bezeichnen, kannst du dich aus der Identifizierung
von „Ich bin“
lösen.
7. Hinterfrage deine Gedanken
Wir tendieren dazu, in bestimmte
Denkmuster
zu verfallen, die uns selbst ohne Reflexion gar nicht auffallen, uns aber mit der Zeit hinunterziehen. Eines dieser Muster sind
„Generalisationen“. Wir sagen uns dann, dass etwas
„immer“
schief geht, oder wir es „nie“
hinkriegen, oder es
„niemand“
gut mit uns meint.
Indem du deine Gedanken hinterfragst, bekommst du langsam einen Griff dafür, wo du gedanklich immer wieder übertreibst, und kommst so
zurück auf den Boden der Tatsachen. Aus einem
„immer“
wird vielleicht nur ein „zweimal “, aus einem
„nie“
ein
„noch nicht“
oder einem
„Niemand“
nur „konkrete Personen".
Dass es oft
kleine Veränderungen sind, die in uns jedoch Großes anstoßen, erfahre ich immer wieder in meinen Mindset-Trainings. Dort widme ich mich mit meinen Klientinnen nicht nur Ihren Generalisationen, sondern noch einer Hand voll anderer Denkmuster, die wir dann verändern.
8. Setze ein positives Gegengewicht
Beim Grübeln drehen sich deine Gedanken meist nur um Probleme und Sorgen, die unweigerlich auch mit negativen Gefühlen einhergehen. Um der Negativität Raum zu entziehen, und den
„Tunnelblick“ zu weiten,
versuche, dich wieder mehr auf all das Schöne und Gute in deinem Leben zu konzentrieren.
Damit meine ich keine „emotionalen Höhenflüge“, sondern es geht vielmehr darum, regelmäßig die kleinen Dinge des Alltags wieder schätzen zu lernen. Dich bewusst
mit Momenten
zu
verbinden, die positive Gefühle in dir hervorrufen.
Laut wissenschaftlichen Erkenntnissen der positiven Psychologie erweitern wir damit das eigene „Wahrnehmungsfeld“.
9. Bewegung
Indem du dich bewegst, schaffst du dir einen wertvollen Ausgleich zu deiner Kofplastigkeit. Egal, ob du lieber nur einen Spaziergang machst, dich für Yoga entschließt, oder dir eine Sportrichtung aussuchst. Hauptsache du versuchst, eine Balance zwischen körperlicher und mentaler Aktivität zu finden.
10. Komm ins Handeln
Allein das Wissen, wie du deine eigenen Gedanken einbremsen kannst, schafft leider meistens noch keine Probleme aus der Welt! Ich bespreche daher mit meinen Klientinnen immer auch mögliche Auslöser ihres Kopfkinos, um das Problem an der Wurzel anzupacken.
Mögen auch dich folgende Fragen dabei leiten:
- Welche konkreten Schritte würden für dich anstehen, wenn du statt zu grübeln ins Handeln kommen würdest? (Eine Aussprache mit jemandem suchen, Grenzen setzen zu lernen, etwas loszulassen, Hilfe anzufordern,...)
- Welche Ängste und Befürchtungen hast du, wenn du ins Handeln kommen würdest? Was bedeutet es sowohl für dich als auch für andere? (Angst vor Konflikten, Ablehnung, oder als schwach zu gelten…)
Denn wie bereits erwähnt, ist das Grübeln ein Versuch, um uns unbewusst Sicherheit im Leben zu verschaffen, und negative Gefühle nicht fühlen zu müssen. Indem du dich mit diesen Fragen beschäftigst, wirst du ein
Gespür für deine Schutzstrategien, die dein Gedankenkarussell am Laufen halten bekommen.
Fazit
Overthinking ist ein Zustand übermäßigen Nachdenkens, indem man sich immer wieder in denselben Szenarien verliert, ohne zu einem Abschluss, einer Entscheidung oder Lösung zu finden. Die eigenen Gedanken kreisen dabei vorwiegend über Probleme in der Vergangenheit, Sorgen in der Zukunft, oder sind gegen uns selbst gerichtet.
Ein Grübel Tagebuch kann dir bei einer Bestandsaufnahme deiner Gedanken helfen. Mit der Stopp-Technik kannst du einen Break setzen, wenn dein Gedankenkarussell bereits in Fahrt ist. Und es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie du dir eine Distanz zu deinen Gedanken verschaffen kannst oder deinen Tunnelblick weitest.
Da es sich beim Grübeln auch um unbewusste Schutzstrategien handelt, ist es meist schwierig ohne Reflexion „einfach so“ damit aufzuhören. Diese zu erkennen, und daran zu arbeiten, war einst auch für mich eine sehr wertvolle
Erfahrung auf meinem eigenen Weg.
Welche der vorgestellten Strategien möchtest du gern für dich nützen? Fang jetzt an, und setzte dir ein kleines Ziel! Ich hoffe, ich konnte mit diesem Artikel ein paar Aha Momente bei dir auslösen, und wünsche dir vor allem gutes Gelingen beim Umsetzen!😊